Du putzt deinem Kind die Zähne im Schwitzkasten, wechselst seine Windeln unter Zwang und nennst es Prävention?

Ich habe auf meiner Facebook-Seite ein Bild geteilt. Dieses beinhaltete das Foto eines Mädchens und einen Text mit folgendem sinngemäßen und freiübersetzten Wortlaut: „Ich bin 5 Jahre alt. Mein Körper gehört mir. Zwinge mich nicht dazu, jemanden zu umarmen oder zu küssen. Ich lerne gerade, dass ich dazu meine Zustimmung geben muss und deine Unterstützung hierbei wird mir helfen, meine Integrität für den Rest meines Lebens selbst zu schützen.“ Wohl wissend, dass es hierbei um Prävention vor (sexuellen) Übergriffen aller Art ging, habe ich dem Folgendes hinzugefügt: „Prävention geht so! Nein ist Nein! Das gilt auch beim Zähne putzen, Haare kämmen, Windeln wechseln, Jacke und Mütze anziehen und noch vieles mehr…“.

Innerhalb kürzer Zeit hatte ich viele Kommentare unter meinem Post. In diesen waren gleichermaßen Zustimmung wie Empörung zu lesen, aber auch viel Verunsicherung. Die Personen fragten, was denn die Alternative sei. Ob sie ihre Kinder nun frieren oder einen wunden Po bekommen lassen sollten. Ob sie sie entscheiden lassen sollen, ob sie Medizin einnehmen oder Zähne putzen wollen. Und natürlich kamen auch die Klassiker über Süßigkeiten, digitale Medien und gar Impfung als vermeintliches Gegenargument für das Selbstbestimmungsrecht eines Kindes. Kommentare á la „aber mir hat es auch nicht geschadet“ ließen ebenfalls nicht lange auf sich warten.

Es scheint für viele Menschen nach wie vor undenkbar zu sein, dass man seiner Fürsorgepflicht nachkommen und dabei dennoch auf jegliche Art von Gewalt verzichten kann. Das lässt mich manchmal wirklich verzweifeln. Einem Kind seine Integrität zu lassen, diese zu achten und zu respektieren, bedeutet alles andere als sein Kind dabei sich selbst zu überlassen. Es bedeutet, das Kind in seiner Gleichwürdigkeit anzuerkennen und somit auch seine Rechte als Mensch.



Ja, du hast mich richtig gelesen, es geht um Menschenrechte!

Vorweg, ich selbst bin Mutter von drei Kindern. Drei Kinder, die bereits sehr intensiv medizinisch betreut werden mussten und somit auf Medizin angewiesen waren. Sie sind beinahe gleich alt und ich weiß sehr gut wie anstrengend der Alltag sein kann und auch oft ist. Ich kenne all diese Themen aus dem realen Leben. Ich kenne die Sorgen und die Ängste. Auch ich erlebe den gesellschaftlichen Druck, habe verschiedene Glaubenssätze verinnerlicht und muss auf alte Erziehungsmuster achten. Ich bin beruflich aktiv, habe mitunter einen sehr vollen Stundenplan und dennoch sage ich: Doch, es geht im Alltag ohne Gewalt! Es ist möglich, unsere Kinder mit Respekt zu behandeln. Und es ist unsere Pflicht ihr Recht auf Selbstbestimmung anzuerkennen und die Wahrung dieses Rechts zu ermöglichen. Dafür muss keine Mutter Super Woman sein. Das ist auch kein überhöhter Anspruch an uns Eltern! Vielmehr ist es ein Appell an uns, alte Muster zu durchbrechen und unsere Kinder als das anzusehen, was sie sind: Menschen.



Was aber hat all das nun mit Prävention zu tun?

Prävention steht für Maßnahmen, die ein unerwünschtes Ereignis vorbeugen soll. Kaputte Zähne, verfilzte Haare, Erkältung, Mittelohrentzündungen, Sucht, Mobbing, sexualisierte Gewalt, etc. Alles scheint auf einer Ebene zu stehen, ohne jegliche Graduierung… Das Augenmerk liegt bei diesem Thema außerdem oft im Außen, in der Begrenzung einer Sache und beim Opfer. Ich denke dabei zum Beispiel an Kleiderordnungen. Daran, wie Frauen als Opfer von sexualisierter Gewalt dafür verantwortlich gemacht werden, indem man ihnen vorwirft, einen „zu kurzen“ Rock oder eine „zu enge“ Jeans getragen zu haben. Ich denke aber auch dabei daran, wie Kinder bestraft und geschlagen werden, weil sie sich vermeintlich inadäquat verhalten haben. Um Prävention zu betreiben, erscheint es uns logisch, unseren Kindern – und Frauen – entsprechende Manieren beizubringen und zum Beispiel bestimmte Kleidung zu untersagen.

Die Opfer von Gewalt werden sehr häufig für die Tat ihrer Peiniger zur Verantwortung gezogen. Vom Täter, aber auch gesamtgesellschaftlich betrachtet. Nicht selten auch im Namen der Erziehung. Dieses Muster lässt sich beim Thema Prävention immer wieder erkennen. Es wird eine Kleiderordnung vorgegeben, es werden spielzeugfreie Zeiten vereinbart, Kinder in ihre Autositze gepresst, digitale Medien oder zuckerhaltiges Essen reguliert oder gleich verboten, dem Kind die Zähne im Schwitzkasten geputzt, die Mütze durch Drohungen und Erpressung auf dem Kopf gehalten, die Haare unter Gebrüll gewaschen und gekämmt… Es ist ja schließlich zu ihrem Besten.

Die Korrelation scheint sehr einfach:

Wenn ich meinem Kind die Windeln rechtzeitig wechsle, dann bekommt es keinen wunden Po. Ja, da gehe ich mit. Was aber ist, wenn mein Kind eine andere Meinung dazu hat und den Sinn daran nicht erkennen kann? Wenn es gerade lieber spielen möchte? Gibt mir das nun das Recht, es unter Zwang dennoch zu tun? In welchem Verhältnis steht der Schutz vor einem möglicherweise wunden Po zur ausgeübten Gewalt durch Zwang, Festhalten und Schimpfen? Rechtfertigt die Prävention einer möglichen, temporären gesundheitlichen Folge den Einsatz von Gewalt? Wie steht es denn hier mit der Prävention von Gewalt und dem Schutz der körperlichen Integrität? Welche Botschaft empfängt ein Kind, wenn es durch die Eltern festgehalten und entblößt wird, um unter Zwang an seinen intimsten Stellen gesäubert zu werden? Wie sollen Kinder dabei lernen, dass ihre Körper nur ihnen gehören und niemand ihnen weh tun darf?

Es mag wie ein Dilemma erscheinen. Aber wenn wir ehrlich sind, geht es ganz oft um Ungeduld und um Macht. Wir haben außerdem ganz oft einfach keine Ahnung von Kindern und werten ihr Verhalten nach unseren erwachsenen Maßstäben. Jedenfalls erging es mir früher oft so, bevor ich mich mit frühkindlicher Entwicklung befasste und einfach noch keine Erfahrung mit Kindern hatte. Dabei geht es letztlich um eine ganz einfache und dennoch scheinbar unglaublich schwere Frage:



Angst oder Liebe?

Wovon werden wir geleitet im Umgang mit unseren Kindern? Haben wir Vertrauen in uns selbst und in sie? Betrachten wir unsere Kinder als Subjekte oder doch nur als Objekte unserer Erziehung. Gestehen wir ihnen ihr Menschsein zu?

In der Autonomiephase wollen Kinder sehr oft nicht die Windeln gewechselt bekommen. Sie sind mobil und haben viel zu entdecken. An dieser Stelle hilft Kreativität und Flexibilität. So lässt sich eine Windel mit ein wenig Übung auch ganz wunderbar an Ort und Stelle, auch im Stehen, wechseln. So kann man dem Kind währenddessen eine interessante Geschichte erzählen oder etwas Spannendes an die Hand geben. Doch manchmal geht es dem Kind, gerade in dieser sensiblen Entwicklungsphase, um etwas gänzlich anderes: um die Wahrung der eigenen Integrität. Umso fataler, wenn genau diese nun so massiv übergangen wird. Autonomie ist das Zauberwort und diese gilt es auch zu respektieren.

Wie?

Indem das Kind die Chance hat, sich zu entscheiden, zum Beispiel. Es geht dabei nicht darum, dem Kind eine „ob überhaupt Frage“ zu stellen, sondern darum, dem Kind den nötigen Raum zu lassen, die Information zu kanalisieren und sich damit anzufreunden. Dem Kind Zeit zu lassen und die eigene Ungeduld zu bremsen und sich ihrer bewusst zu werden. Vor allem auch bestimmte Vorstellungen zu hinterfragen. So erzählte mir einmal ein Vater, dass es ihm wichtig sei, seinem Kind am Morgen gleich nach dem Aufstehen die Windeln zu wechseln. Damit ist er vermutlich nicht allein. Das sah sein Sohn allerdings vollkommen anders, schließlich war er gerade aufgestanden und wollte die Welt entdecken. Hier ist der Zündstoff für einen großen Konflikt. Doch stattdessen respektierte der Vater die Entscheidung seines Kindes und wechselte die Windel einfach später.

Manchmal ist ein Später viel viel viel später, was nicht immer gut auszuhalten ist. Das können und sollten wir kommunizieren. „Du, deine Windel ist schon sehr voll und ich will sie wechseln. Ich habe Sorge, dass du einen wunden Hintern bekommst. / Ich habe Sorge, dass sie gleich ausläuft und alles dreckig wird.“. Nur heißt das nicht, dass unsere Kinder dann sofort einwilligen. Hier ist Geduld, Vertrauen, Empathie, Flexibilität und Kreativität gefragt. Sicher aber kein übergriffiges Verhalten, Zwang, Bestrafung oder Beschämung. Gewalt ist nie die Lösung. Sie hat vor allem stets Folgen! Uns hat an dieser Stelle immer wieder geholfen, ein Bad mit dem Wechsel der vollen Windel zu verbinden.

Was aber ist, wenn mein Kind eine sehr empfindliche oder gar bereits erkrankte Haut hat und womöglich gerade deswegen die Windel nicht gewechselt bekommen will, ich aber als Mutter oder Vater genau weiß, dass diese nicht zu wechseln seine Gesundheit massiv beeinträchtigt? Was ist, wenn Warten keine Option ist? Was tun, wenn das Kind das Antibiotikum nicht einnehmen will, aber sein Leben davon abhängt und ich schon sämtliche Darreichungsformen, Geschmacksrichtungen und Alternativen probiert habe?



Dann schütze dein Kind!

Wenn das Leben meines Kindes davon abhängt und ich tatsächlich keine Alternative sehe, dann wende ich schützende Gewalt an. Dessen bin ich mir dann aber bewusst und kommuniziere es auch so. Denn ja, im Leben eines Kindes gibt es solche Momente und ja, es ist meine Aufgabe als Mutter meine Kinder zu schützen. Das Problem aber ist, dass wir diese Argumentation inflationär benutzen, unsere Empathie beiseite schieben und Gewalt im Alltag dadurch legitimiert wird. Der Einsatz unserer Macht durch übergriffiges Verhalten gegenüber unseren Kindern zu ihrem eigenen Schutz sollte absolute Ausnahme sein. Wenn mein Kleinkind plötzlich über die befahrene Straße läuft, so halte ich es fest. Ich beschimpfe oder maßregele es anschließend nicht, sondern erkläre mein Eingreifen. Ich erwarte darauf weder Zustimmung, noch Verständnis, noch, dass es nicht erneut vorkommt. Vielmehr sorge ich dafür, dass ich mich und meine Kinder solch einer Situation möglichst nicht erneut aussetze. Zum Beispiel indem ich einen anderen Weg wähle, einen Bollerwagen nutze oder bestimmte Ausflüge für den Moment ausfallen lasse, da ich die Integrität meines Kindes nicht anders zu wahren weiß.

Gewaltfreiheit setzt Reflexion, Bewusstsein, Flexibilität und Kreativität voraus. Wenn wir aber Gewalt bereits im Alltag legitimieren, wird sie zur Regel. Das Leben eines Kindes hängt nicht davon ab, seine Zähne täglich im Badezimmer geputzt zu bekommen. Kreative Alternativen bekommst du hier.

Wenn wir Eltern wollen, dass unsere Kinder ihre Integrität zu wahren wissen, müssen wir ihre Integrität wahren. Wenn wir wollen, dass unsere Kinder lernen Nein zu sagen, dann müssen wir ihr Nein respektieren. Wenn wir unsere Kinder für das Leben stark machen und sie schützen wollen sowie verhindern möchten, dass unsere Kinder selbst zu Tätern werden, dann müssen wir aufhören, uns im Alltag als Täter zu verhalten, die die eigenen Taten damit rechtfertigen, dass das Opfer es durch sein Verhalten verursacht hat oder es zu „seinem Besten“ ist. Ein Kind, das im Namen der Gesundheit unter körperlichem Zwang die Zähne geputzt bekommt, lernt, dass es Umstände gibt, die einem Anderen das Recht einräumen, über seinen oder ihren Körper zu verfügen. Wird die Gegenwehr des Kindes dann auch noch mit Schimpfen und Strafen getadelt, lernen sie, dass ihr Nein nicht nur nicht gehört wird, sondern auch nicht erwünscht ist. Sie denken, dass ein Nein falsch ist und dass sie nur durch ein Ja der Liebe ihrer Eltern und anderer würdig sind. Sie denken, dass sie nicht ok sind und dadurch keine Liebe verdienen…

Es geht um viel mehr als um Zähne, Windeln, Haare, Medikamente oder Klamotten. Es geht um die Würde und Integrität unserer Kinder. Wir können unsere Kinder nicht vor allen schützen, aber wir können sie wissen lassen, dass es nicht in Ordnung ist, wenn jemand ihre Grenzen überschreitet und dass sie alleine darüber entscheiden dürfen, was mit ihrem Körper passiert.

Saluditos & Axé

Eure

Aida S. de Rodriguez

 

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Foto von nastia1983, erworben bei Fotolia.

About The Author

Aida S. de Rodriguez

Aida ist Mutter eines Zwillingspärchens und eines ein Jahr jüngeren Sohnes. Ihre Kinder wachsen interkulturell, mehrsprachig sowie bedürfnisorientiert auf. Als Coach, Beraterin und Trainerin begleitet sie Menschen rund um die Themen Unerzogen, Selbstwirksamkeit, Transformationsprozesse und Diversity. Ihre Vision ist ein gleichwürdiges Miteinander aller Menschen. Dafür setzt sie sich für die Rechte von Kindern auf gewaltfreien Umgang sowie auf ein selbstbestimmtes Leben und Lernen ein.

23 Comments

  • Tina

    Reply Reply 10. Oktober 2016

    Danke für diesen wichtigen Text. Leider scheint es immer noch als normal zu gelten, dass die Eltern Macht ausüben, anstatt mit dem Kind zu reden und seine Bedürfnisse im Moment des „Widerstands“ zu hinterfragen. Ich hoffe es ist ok, wenn ich diesen Link hierlasse, in dem ich mir ähnliche Gedanken gemacht habe. http://www.jutima.at/more-info/ab-wann-heisst-nein-wirklich-nein.html
    Liebe Grüße
    Tina

  • Larissa

    Reply Reply 10. Oktober 2016

    Erst wollte ich dir widersprechen. Denn in meiner Realität gibt es immer wieder Situationen, die unabdingbar sind und sich nicht gut ändern lassen. Mein Kind wollte sich noch NIE wickeln lassen, wir sind noch nicht einmal in der Autonomiephase – argumentieren bringt also nichts. Die Alternative wäre nur, praktisch gar nicht mehr zu wickeln. Ich gebe auch zu, dass meine Geduld auch oft nicht reicht.
    Aber dennoch stimme ich dir zu. Ich erlebe in meinem Umfeld auch immer wieder, dass Kinder, selbst die ganz kleinen, zu funktionieren haben. Dass Kinder, die aus Einsamkeit weinen, „terrorisieren“. Dass ein unglücklich schreiendes, vielleicht auch trotzendes Kind einem „auf der Nase rumtanzt“. Ich finde diese Einstellung furchtbar. Ich finde, es geht um Kooperation und Kompromisse von beiden Seiten – von Seiten des Kindes (dem Alter entsprechend) und von meiner. Ja, mein Kind muss manchmal Sachen tun, die ihm nicht passen. Aber ich versuche doch immer, es nicht einfach zu zwingen, sondern zu erklären, dass es sein muss und warum. Ich hoffe, es hilft.

  • Jenniffer

    Reply Reply 10. Oktober 2016

    Liebe Aida, auf meinem Blog habe ich auch schon einen Artikel über Gewaltfreiheit geschrieben. Es ging um verbale, psychische Gewalt. Dein Ansatz in diesem Text ist so wichtig. Es geht hierbei nämlich um von der Gesellschaft „tolerierte“ Gewalt, die jedoch nicht weniger schlimm ist. „Das muss man doch machen. Das geht doch nicht, dass er mit voller Windel rumläuft…“ etc. Da unser Sohn mitten in der Autonomiephase steckt, und ich zeitweise daran zu verzweifeln drohe, kam dieser Artikel für mich gerade zur rechten Zeit. Vielen Dank für die Aufklärung. Ich werde mit der Umsetzung direkt beginnen. Deine Jenniffer von Berufung Mami 🙂

  • Mona

    Reply Reply 11. Oktober 2016

    Hallo, Danke für den Artikel, da stimme ich dir zu gerade bei Kindern in der Autonomiephase. Habt ihr noch Ideen zur Umsetzung bei einem Einjährigen? Er mag sich schon lange nicht mehr hin legen, also wickle ich ihn an Ort und Stelle mit Pampers panty über meiner Schulter hängend…aber die Kaka Windel wird dann gezwungenermaßen auf dem Wickeltisch gesäubert 😉 schade dass ich nicht in der Schwangerschaft von „töpfchenfit“ gelesen hatte. Die Nachtwindel babydry hält auch noch ne halbe Stunde nach dem Aufwachen wenn er dann gleich spielen will, er hatte noch niemals eine Wunde Stellle. Zähne putzt er seit er 6 Monate ist selber, er will alles selber machen und ahmt uns nach. Das Waschen des Gesichts (und da wische ich auch kurz über die Zähne) und der Hände mit Waschlappen nach dem Essen findet er schrecklich! Da er aber auch beim Essen selber machen will, sieht er dementsprechend aus…wenn ich nicht schnell genug bin schmiert er mir noch den Pulli und Haare ein, weil er dann aus dem Hochstuhl raus will. Da kann ich ja erklären wie ich will, er versteht es leider nicht wie ein Fünfjähriger :-/ Welche Lösung hattet ihr damals gefunden?

  • Susanne

    Reply Reply 13. Oktober 2016

    Liebe Aida!

    Toller Artikel, danke dafür! Ich finde es gut, von Dir und deinen Unerzogenen Kollegen:-) immer wieder daran erinnert zu werden, wie es nicht laufen soll. Das ist wichtig! Denn wir haben viel Falsches verinnerlicht.

    Ich habe aber gemerkt, dass meine Kinder, wenn ich wirklich überzeugt von etwas bin, auch ohne Gewalt tun was nötig ist. Mein Mittlerer hat Lungenentzündung, er ist 3 Jahre alt. Er inhaliert jetzt seit Wochen selbständig, wenn ich ihm dabei vorsinge. Manchmal sagt er: keine Lust. Dann sage ich: gut, wann machst du es? Und dann kommt er meist doch innerhalb von wenigen Minuten zum inhalieren. Das ist stinklangweilig, aber ich glaube er spürt, dass ich überzeugt bin, dass es ihm hilft und dass ich ihn auch nicht auskommen lassen würde. Das Problem: wenn er nicht inhaliert, dann würde ich wieder Antibiotika einsetzen müssen (vermutlich), da nehme ich das kleinere Übel doch eher in Kauf und er wohl offensichtlich auch. Obwohl er nicht weiß, was Antibiotika ist und mit 3 das auch noch nicht vollständig überreisst.

    was ich sagen will: die Überzeugung und innere Energie einer Mutter (oder eines Vaters) kann, wenn sie offen eingesetzt wird, nicht mit Gewalt, einem Kind auch helfen, den Weg zu finden. Also zumindest bei meinen 3 Buben klappt das meistens. Nur manchmal fehlt einem die innere Energie und ist es nicht gerade der Zeitpunkt, der uns dann oft zu unlauteren Mitteln greifen lässt? Richtiger wäre es wahrscheinlich, dann die Reißleine zu ziehen und eine Pause einzulegen. Das geht nur leider nicht in jeder Situation.

    liebe Grüße
    Susanne

  • Luciana

    Reply Reply 9. November 2016

    Danke für die andere Sichtweise. Ich kann dir da nur zustimmen, weiß leider nicht, wie ich das umsetzen soll. Wenn es nach meinem Sohn geht, ist er nie bereit dazu, Windeln zu wechseln. Meist endet das dann doch im Kampf. Gerade wenn es um das große Geschäft geht. Wenn ich es drinne lasse und er es dann richtig schön breit sitzt, macht es das dann auch nicht einfacher, der Aufwand, ihn zu säubern und darauf zu achten, nichts anderes mit vollzusauen ist wesentlich größer und zeitintensiver, als wenn man die Windel sofort wechselt. Außerdem ekelt mich der Geruch mit der Zeit an. Klar, dass ist mein „Problem“, aber ich möchte mich hier auch wohlfühlen. Muss ich jetzt tatsächlich meine Bedürfnisse zurückstecken und das Auskratzen der teilweise schon festen Reste aus der Stiffwindel in Kauf nehmen, „nur“ um die Integrität meines Kindes zu wahren?
    Wie erkläre ich einem 16 Monate alten Kind, dass ich gerne die Windel frisch machen möchte, sodass er dann kompromissbereit wird? Ich stoße da an meine Grenzen, zumal es meist ähnlich endet: ich wechsel die Windel unter Protest, weil ich einfach nicht weiter weiß und habe jedes Mal ein schlechtes Gewissen, weil ich seine Grenze überschritten habe und es Gebrüll gab. Wenn du weitere Tipps hast, wäre ich sehr dankbar!

  • Lucas Kowalewski

    Reply Reply 15. November 2016

    Hey Aida,

    vielen Dank für Diesen Beitrag! Ich bin auch lange diesem Irrtum verfallen, meinen Kindern unter Zwang irgendetwas „Gutes“ tun zu müssen. Da gehörte der Schwitzkasten oder die Zwangsmütze auch mal dazu. Komisch, warum wir bei den Tränen und Geschrei in diesen Momenten scheinbar völlig kalt bleiben können und sonst dazu neigen, bei jedem Pups zu den Kindern zu rennen, um sie zu trösten.

    Seit ich der Integrität meiner Kinder einen höheren Stellenwert zurechne, als z. B. einer Kariesprophylaxe fühle ich mich deutlich authentischer und freier. Außerdem werden meinen Kinder ihre Rechte gewährleistet und sie können selbstverantwortlich über ihren Körper bestimmen.

    Danke für deinen Text und alles Gute!

    Lucas

  • Arina

    Reply Reply 22. November 2016

    Hallo Aida,

    Vielen Dank für diesen tollen Beitrag,kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Ich hätte da mal eine Frage: Meine Tochter ist 9 Monate alt und wir putzen ihr die 2 Zähnchen mit einem Fingerling, was sie an manchen Tagen akzeptiert, an anderen Tagen wiederum ist es viel Geschrei..was ich verstehen kann, ich fänd es auch irritierend wenn mir jemand seinen Finger in den Mund schieben würde. Doch was ist in dem Fall schlimmer: 30 Sekunden Weinen oder als Kleinkind stundenlange Sitzungen beim Zahnarzt ertragen müssen, wo viele Unbekannte Menschen ihr richtige physische Schmerzen zufügen würden? Beides ist doch eine Verletzung der Integrität, nur eines ist schlimmer als das Andere, oder nicht? Ach ich weiss auch nicht, ich wünschte es gäbe einen Weg ohne Tränen, beim Zähne putzen, anziehen duschen usw.
    WÜrde mich freuen wenn du mir deine Meinung dazu sagen würdest.

    Vielen Dank und liebe Grüße

    Arina

  • Henning

    Reply Reply 9. Dezember 2016

    Da der Artikel Gewalt in der Form „schützende Gewalt“ zulässt, öffnet er doch wieder das Tor für Gewalt. Für die einen Eltern ist die Schwelle zum Einsatz schützender Gewalt erst, wenn das Kind direkt vor ein Auto läuft, für die anderen Eltern ist es schon, wenn das Kind nicht mehr zur Schule geht, weil es sich ja das Leben damit ruinieren würde und noch nicht wisse, was es da tut.

  • Melanie

    Reply Reply 13. Dezember 2016

    Ich verstehe deinen Text und deinen Ansatz. Ist total plausibel und nachvollziehbar.
    Aber von welchem Alter sprechen wir hier?
    Meine Tochter ist 9 Monate und sie ist momentan verschnupft und kann dann nicht trinken. Ich muss ihr die Nase aussaugen,leider unter Protest, sonst kriegt sie keine Luft beim einschlafen,was das einschlafen wieder verlängert.
    Wie soll ich tun?

  • Oliver Kersting

    Reply Reply 13. Dezember 2016

    Ein Problem ist allerdings der berufliche Zeitdruck. Wenn man bei wiederholter Verspätung seinen Job zu verlieren droht, wird es schwierig mit Geduld und Flexibilität. Dann hat man keine Zeit für einen zweieinhalbstündigen Wutanfall.

  • Christina

    Reply Reply 13. Dezember 2016

    Danke 💚

  • S. Rühle

    Reply Reply 13. Dezember 2016

    Hab gerade deinen Artikel gelesen und muss sagen das ich mich ein wenig vor den Kopf gestoßen fühle. Sicherlich bin ich bei dir wenn du sagst das harte Gewalt wie Schwitzkasten beim Zähneputzen oder all das wo man als Eltern härter zupackt als vlt. nötig ist absolut Tabu ist.Aber ich bitte dich,wenn mein Kind eine vollgemachte Windel hat und nicht gewindelt werden möchte dann ist das nicht die Entscheidung meines Kindes jetzt seinen Willen zu bekommen sondern meine Entscheidung es doch zu wickeln weil ich in der Fürsorgepflicht als Mama es aus meiner Erfahrung und aus meinem logischen Denken doch viel genauer weiß was in solch einer Situation zu tun ist um positiv aus der Sache zu gehen. Man soll doch die Kirche im Dorf lassen und nicht übertreiben , ich habe den Artikel gelesen und mir echt an den Kopf gegriffen ! Was bitte ist dabei wenn ich meiner Tochter verbiete in einem zu kurzem Rock außer Haus zu gehen weil ich eben schon weiß das es unnötig Blicke aufsicht zieht und vlt. die falschen Menschen anspricht ! Das gehört verdammt nochmal zu meiner Fürsorgepflicht oder soll ich erst warten bis wirklich was passieren wird und mir dann mein Kind vlt. vorwirft ich hätte ihr alles ersparen können wenn ich mich als Eltern durchgesetzt hätte. Wie sollen unsere Kinder Regeln lernen wenn sie schon im Kleinkindalter Dinge nicht zulassen brauchen, ihren Kopf durchsetzen sollen nur weil irgend Jemand meint ein konsequentes Durchziehen meiner Elterlichen Meinung sei Gewalt am Kind, so ein Quatsch. Da können wir ja gleich unsere Kinder ganz und gar machen lassen was sie wollen nur weil ein hart gesagtes Nein als Eingriff in die Privatsphäre des Kindes gilt, brauchen uns dann aber nicht wundern wenn das Kind in Ferner Zukunft arge Probleme z. B. im Arbeitsleben bekommt weil es eben nicht die vorgeschriebene Dienstbegleitung tragen will sondern ja schon immer das angezogen hat was es wollte und wenn es eben ein zu kurzer unangepasster Rock war. Wie gesagt man solle doch bitte nicht immer alles überspitzen, sicher ist arg rohe Gewalt fehl am Platz in der Erziehung aber bitte liebe Eltern wenn das Kund Zähne putzen soll dann soll es Zähne putzen weil es eben dazu gehört und sein MUSS und wenn die Windel voll ist dann wechsle ich sie auch unter Protest weil ich nicht warte bis ein schlimmer Hautausschlag einsetzt nur weil ich nicht konsequent meine Meinung durchsetzen sollte damit sich das Kind nicht angegriffen fühlt! Und wenn mein Kind lebensnotwendige Medikamente nicht nehmen will dann finde ich einen geeigneten Weg sie ihm zu verabreichen auch mit Gegenwehr weil es eben lebensnotwendig ist!!!Dies sind alles Dinge die so banal sind das ich bezweifle mein Kind macht mir mal Vorwürfe ich hätte mit Gewählt in seine privatsphäre eingegriffen, im Gegenteil mein Kund fragt sich vlt. irgend wann warum es so schlechte Zähne hat und ständig zum Zahnarzt muss oder warum es ständig von Älteren angepöbelt wurde wenn es den ganz kurzen Minirock zur Schule anhatte. Fazit: Mache als Eltern immer das was du für Richtig hältst , mit Konsiquenz und Mitgefühl, erziehe nach Regeln weil es in der Welt nun mal so ist aber vergiss nie das du es schützen musst und wenn es eben einmal ein wenig die Privatsphäre des Kindes angreift, eure Kindee werden es euch danken und überhaupt nicht bemerken vlt. in der ein oder anderen wichtigen Situation nicht Eintscheidungsträger gewesen zu sein.
    Danke

    • Claudia

      Reply Reply 29. Januar 2018

      Ich bin da ganz bei dir. Die Verantwortung, die hier so ein kleines Lebewesen offensichtlich schon tragen soll, ist doch viel zu groß. Kinder sind doch noch häufig Affekt-gesteuert, wissen gar nicht mit Konsequenzen umzugehen oder soweit vorauszusehen. Es ist meine Pflicht, mich darum zu kümmern. Und auch ein nörglerisches, wütendes Kinder-Nein zu ignorieren. Regeln und Strukturen tun keinem Kind weh,man muss es nur machen. Und das, da stimme ich dem allgemeinen Tenor zu, gewaltfrei. Das schließt jedoch ein konsequentes, bestimmtes Verhalten der Eltern nicht aus.

      • Aida S. de Rodriguez

        Reply Reply 29. Januar 2018

        Liebe Claudia,

        niemals sollten wir „ein nörglerisches, wütendes Kinder-Nein“ ignorieren. Es zu ignorieren steht im Widerspruch zur Gewaltfreiheit. Vielmehr ist es wichtig genau hinzuschauen: warum kann mein Kind gerade nicht kooperieren? Warum ist es mir wichtig? Wie könnte ich es uns leichter machen?

        Sich gegenseitig ernst nehmen. Respekt vorleben. Darum geht es.

        Alles Gute!

  • Jenny

    Reply Reply 12. November 2017

    Ich kann dir da leider nur in Maßen zustimmen. Ich gebe dir Recht, dass man keine Macht ausüben sollte etc. Auch Zähne putzen im Schwitzkasten ist keine gute Lösung. Aber es gibt gewisse Dinge, da gibt es meiner Meinung nach keine Diskussion.

    Windeln wechseln – Ich bin Erzieherin und muss in meinem Job auch einige Windeln wechseln, da gibt es auch immer wieder Kinder, die sich dagegen wehren möchten. Eins davon hat auch schnell einen wunden Po und sehr viel Stuhlgang. Lasse ich das Kind dann trotzdem mit der vollen Windel rum laufen? Nein, ganz sicher nicht. Erstens belastet der Geruch die anderen Kinder und die Erwachsenen, und dem Kind schadet es ebenso. Denn wenn die Windel dann gewechselt wird, ist das Geschrei groß, denn klar, bei einem wunden Po tut das ganz schön weh!

    Ich würde auch einen Teufel tun, und das Kind beim Spielen in der Gruppe etc. wickeln, damit es dabei weiter spielen kann, wenn so viel Stuhlgang drin ist.

    Auch in Sachen Zähne putzen – Klar gibt es für Kinder in dem Moment vielleicht spannenderes zu entdecken, kann ich vollkommen nachvollziehen, aber deswegen komplett auf Zähne putzen verzichten? Die Kinder können in dem Alter die Folgen doch noch gar nicht abschätzen.

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