Worin unterscheidet sich unerzogen von Laissez-faire?

Der Unterschied zwischen unerzogen und Laissez-faire – wie es üblicherweise verstanden wird – liegt in der Beziehung, in der Achtsamkeit: beim Verzicht auf Erziehung geht es nicht darum, das Kind sich selbst zu überlassen, sondern dem Kind Raum zu lassen, zu sein.

Es geht darum, das Kind nicht in eine Richtung zu ziehen. Es geht darum, dass Menschen nicht aufgrund der Vorstellung anderer zu funktionieren haben. Auch dann nicht, wenn sie klein sind.

Es geht darum, die eigenen Glaubenssätze zu hinterfragen. Es geht um Selbstreflexion.

Es geht darum, das lineare Denken von Ja und Nein, entweder–oder abzulegen und wieder neugierig wie ein Genie, also wie ein Kind, nach Lösungen zu suchen. Es geht um „thinking outside the box“.

Es geht um ein gleichwürdiges Miteinander. Um das Zutrauen und Eingestehen von Kompetenz. Und um Vertrauen. Es geht um ein Menschenbild, das vom Guten ausgeht. Es geht um bedingungslose Liebe. Es geht um Respekt.

Es geht ums Vorleben. Um Authentizität. Es geht um Verantwortung. Und um Begleitung.

Es geht darum, dass wir Erwachsene kein Recht haben, Kinder für uns passend zu machen. Und darum, auf Gewalt – jeglicher Art – zu verzichten. Es geht darum, übergriffiges Verhalten zu erkennen und einzustellen.

Es geht um Liebe.

 

Auf Erziehung zu verzichten, bedeutet für mich einen lebenslangen und höchst persönlichen sowie individuellen Lernweg zur Selbstfindung und der Transformation einzuschlagen.

Unerzogen ist keine Erziehungsmethode. Es ist – so die Begründer der Bewegung – gar keine Erziehung und auch keine Methode. Es soll nicht. Es ist. Unerzogen ist kein Laissez-faire. Laissez-faire aus Überzeugung ist Erziehung. Zumeist aber vor allem ist Laissez-faire das Resultat von Überforderung: „So, mach doch was du willst!“. Überforderung findet sich im Familienalltag mit oder ohne Erziehung wieder, ist ein sehr ernst zu nehmendes Thema und insbesondere das Resultat einer menschenfeindlichen Wirklichkeit. Es fällt vielen Menschen, nicht zuletzt aufgrund der eigenen Kindheitsgeschichte, sehr schwer Beziehung auszuhalten und Bindung zuzulassen. Die alltäglichen Belastungen unter denen Familien stehen, tun hier ihr Übriges. Die einen lösen es mit Erziehung, die anderen reagieren mit Gleichgültigkeit. Es sind zwei Seiten derselben Medaille. Und das ist die wahre Tragik in der Geschichte.

Desinteresse, Überforderung, Verwahrlosung und Beziehungslosigkeit haben mit einem bewussten Verzicht auf Erziehung aus der Überzeugung heraus, dass Kinder Menschen und somit gleichwürdig sind, nichts zu tun.

Saluditos & Axé

Eure

Aida S. de Rodriguez

 

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Foto von magdal3na, Fotolia.

About The Author

Aida S. de Rodriguez

Aida ist Mutter eines Zwillingspärchens und eines ein Jahr jüngeren Sohnes. Ihre Kinder wachsen interkulturell, mehrsprachig sowie bedürfnisorientiert auf. Als Coach, Beraterin und Trainerin begleitet sie Menschen rund um die Themen Unerzogen, Selbstwirksamkeit, Transformationsprozesse und Diversity. Ihre Vision ist ein gleichwürdiges Miteinander aller Menschen. Dafür setzt sie sich für die Rechte von Kindern auf gewaltfreien Umgang sowie auf ein selbstbestimmtes Leben und Lernen ein.

2 Comments

  • Judith

    Reply Reply 7. Juni 2017

    DANKE.

    „Ach, lasst mich alle in Ruhe und macht euren Scheiß alleine! Ich geh jetzt ins Bett!“, so habe ich vorhin meine Kinder angeranzt und ich fühlte mich schon in dem Moment schlecht deswegen, denn ich wusste genau, wie falsch das ist. Ich konnte den Schalter aber nicht auf „in Beziehung gehen“ umlegen, ich war zu frustriert und wütend. Aber im Gegensatz zu „früher“ ist mir der Schalter jetzt bewusst und oft schaffe ich es, meine eigenen inneren Hürden zu überwinden. So zu scheitern wie heute abend, fühlt sich mies an. Aber Fehler gehören zum Lernen dazu. Mein Verhalten resultiert aus der Erziehung die ich „genossen“ habe. Ich will mich aber gar nicht darauf ausruhen, dass ich nichts für mein Verhalten kann. Ich habe es zwar so gelernt, aber jetzt als erwachsene Frau bin ich durchaus in der Lage, das Erlebte zu bewerten – und bewusst einen anderen Weg einzuschlagen. Auch wenn es wirklich nicht einfach ist.

    Liebe Grüße.

  • Frau Krähe

    Reply Reply 8. Juni 2017

    liebe aida
    erstmals danke für diesen wundervollen text und die grossartige arbeit, welche du leistest. ich lese hier schon lange still und oft sehr berührt mit.
    schon vor langer zeit und in anderem kontext (liebeskummer) habe ich für mich entschieden: das gegenteil von liebe ist nicht – wie so oft angenommen – hass. denn dort gibt es – im weitesten sinn zumindest – immer noch begegnung, reibung, auseinandersetzung. wenn auch destruktiv. das gegenteil von liebe ist gleichgültigkeit. daran hat mich dein text wieder erinnert. und wenn „laissez-faire“ gleichgültigkeit bedeutet, so ist „unerzogen“ wohl liebe. passt doch ganz gut, oder?
    liebe grüsse, martina

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