- Was beobachte ich? Hier geht es um die bewertungsfreie Beschreibung dessen, was ich sehe: Mein Kind springt mit Straßenschuhe auf dem Sofa.
- Was fühle ich dabei? Hier geht es darum die eigenen Gefühle, die bei dieser Beobachtung aufkommen zu ergründen und zu erfassen: Ich fühle Wut. Ich fühle Trauer.
- Welches Bedürfnis steckt dahinter? Hierbei geht es darum herauszufinden, was hinter dem Gefühl von Wut und/oder Trauer steckt. Es geht also um das unerfüllte Bedürfnis: Mein Bedürfnis nach Wertschätzung ist nicht erfüllt, wenn das von mir gepflegte oder mühsam erarbeitete Sofa verschmutzt und beschädigt wird (vielleicht geht es auch um etwas gänzlich anderes, dies dient lediglich der Veranschaulichung).
- Welche Bitte ergibt sich dadurch an mein Gegenüber? Ich bitte dich, vom Sofa herunterzugehen.
Wenn wir wissen, worum es uns in einer ganz konkreten Situation geht, können wir dies leichter kommunizieren.
Wir können uns außerdem reflektieren und Fragen, inwiefern unsere Erwartungen, aber auch Sorgen berechtigt sind bzw. einen Einschnitt in die Freiheit unserer Kinder rechtfertigt.
Was genau ist meinem Kleinkind daran so wichtig mit Schuhen auf dem Sofa zu springen?
Ist es ihm überhaupt wichtig, dass er dabei Schuhe trägt oder aber dass es das Sofa sein muss? Kann ich ihm vielleicht einfach vorschlagen die Schuhe auszuziehen? Kann ich ihm eine Alternative zum Springen anbieten?
Oder geht es meinem Kind um etwas gänzlich anderes und es sucht Verbindung zu mir und braucht gesehen zu werden?
Geht es meinem Kind vielleicht um Autonomie und Selbstbestimmung? Gerade, aber nicht nur, in der Autonomiephase ein wichtiger Gedanke…
- „Kind, ich ziehe deine Schuhe aus. Danach kannst du gerne weiterspringen.“
- „Kind, lass uns bitte herausgehen. Dann suchen wir nach einem Trampolin.“ / „Kind, nimm das Trampolin! Das Bett! Das Springkissen!“
- „Kind, du kannst nicht auf dem Sofa springen (warum auch immer)“ – und ich habe gerade auch keine Alternative für dich. Aber ich verstehe, dass du darüber frustriert bist und ich begleite dich dabei. Ich tröste dich, wenn du soweit bist. Und vielleicht gibt es etwas gänzlich anderes, was du oder wir gemeinsam machen können.
8 Comments
Lothar Miethe
4. Juni 2016Gehorsam sorgt dafür, das diese Welt so bleibt, wie sie ist. Das ist der gemeinsame Nenner. Wohin kämen wir nur hin, wenn niemand mehr den Autoritäten dieser Welt gehorchen würde? Klare Sache – wir kämen zu einer besseren Welt. Eine Welt voller Menschen, die verstehen und agieren, statt zu gehorchen und zu reagieren. Für gewisse Medien und für so manche Branche wäre dies das sichere Ende. Denn ohne die angestaute Frustration und Aggression im Gepäck sind wir Menschen längst nicht mehr so leicht manipulierbar. Bis dahin funktionieren diese Kontrollmechanismen.
You may say I´m a dreamer. But I´m not the only one. (`Imagine´ von John Lennon)
Aida S. de Rodriguez
8. Juni 2016Danke, lieber Lothar! Dem habe ich nichts hinzuzufügen! <3
Jeannine Herrgesell
6. Dezember 2016Liebe Aida, Ihre Ausführungen sind in meinem LEBEN sehr wichtig geworden. Leider schaffe ich es nicht immer, meinen Wünschen zu folgen und ich spüre oft die eigene Kindheit und auch den Druck des Alltags mit nur zwei kleinen Kindern Zuhause ohne kita und gleichzeitiges Betreiben einer kleinen Firma. Es gibt immer wieder ‚Ausrutscher‘ i.S.von Nerven gehen durch. Dann bin ich sehr traurig und frage mich, welche Schäden unsere Beziehung nimmt. Wir sprechen auch über diese Ausrutscher und ich sage dass es mir leid tut und dass es passiert ist weil ich gern… Oder weil ich so müde bin oder… Nur macht es das nicht ungeschehen. Es gibt wohl leider kein patentrezept. Vielen, vielen Dank für Ihre Texte u Beiträge.
[…] schnell wird da der Ruf nach Gehorsam der Kinder laut: „Sie könnten doch einmal – wirklich nur dieses eine Mal – […]
[…] Fokussiere dich also auf das Bedürfnis hinter dem Verhalten und nicht auf das Verhalten an sich. Es gibt immer einen Grund warum Menschen agieren, wie sie agieren. Mehr dazu kannst hier nachlesen: Wenn der Wunsch nach Folgsamkeit, von unseren Bedürfnissen ablenkt. […]
[…] Eltern wurden mehrheitlich noch zum Folgen und zum Gehorsam erzogen, sei es zuhause oder in der Schule. Wir wurden nicht darauf vorbereitet zu führen und haben vor […]
[…] gelingt es aber Menschen ihre Gefühle zu ordnen, ihre Bedürfnisse dahinter zu erkennen, den Konflikt aus einer Meta-Ebene zu betrachten und achtsam die eigenen Beobachtungen zu schildern […]
[…] Zum Thema Bedürfnisse habe ich ebenfalls einen eigenen Artikel geschrieben. Im Artikel Wenn der Wunsch nach Folgsamkeit von unseren Bedürfnissen ablenkt erfährst du, wie du die Bedürfnisse hinter dem Verhalten deines Kindes sowie hinter deinem […]
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